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Transtorisierter Selbstbau-Superhet für das 80m-Band

Bei Röhrengeräten war es einstmals üblich, Amateurempfänger mit ausgedienten Radioteilen zusammen zu bauen. Diese Vorgehensweise wollte ich auf ein Transistorgerät übertragen. Die Grundidee des hier gezeigten, von mir selbst entwickelten Gerätes bestand somit darin, einen brauchbaren Superhet-Empfänger beim Aufwand eines UKW/MW-Taschenradios bzw. des Empfangsteiles eines Uhrenradios aufzubauen. Zugleich sollten die Teile überwiegend aus solchen Geräten entnommen werden können.

 

Der so entstandene Kurzwellenempfänger hat im Eingang eine selbstschwingende Mischstufe, deren Schaltung hier gezeigt ist. Sie ist ähnlich aufgebaut, wie es bei Mittelwellen-Transistorradios lange üblich war. Im Unterschied dazu wird anstatt der induktiven eine kapazitive Spannungsteilung verwendet. Infolgedessen liegen größere Kapazitäten parallel, so dass sich mit der Umgebungstemperatur ändernde kapazitive Einflüsse des Transistors verkleinert werden.

Bei geeignetem Aufbau und sorgfältiger Dimensionierung ließ sich trotz des einfachen Aufbaus eine gute Frequenzstabilität und eine für das 80-Meter-Band selbst mit kürzeren Antennen vollkommen ausreichende Empfindlichkeit erzielen. Eine für SSB angemessene Stabilität konnte nur mit der gezeigten zweikreisigen Eingangsfilterung und loser Kopplung zwischen den Kreisen erreicht werden. Mit einem Einzelkreis im Eingang ist die Antenne ungenügend vom Oszillator entkoppelt, so dass eine Annäherung an die Antenne Frequenzverwerfungen zur Folge hat. Auf die Mischstufe folgt ein zweistufiger ZF-Verstärker für 455 kHz. Als Demodulator dient eine Schaltung, wie sie sonst für sich alleine stehend gelegentlich als Geradeausempfänger verwendet wurde. Eine ähnliche, aber etwas aufwändigere Anordnung des Demodulators findet sich auch im zuvor beschriebenen Göttinger Baby II. So gelingt es, mit nur einem einzigen Transistor wahlweise AM- und SSB- bzw. Telegrafiesignale demodulieren zu können. Für AM wird beim von mir konstruierten Gerät die fest eingestellte Rückkopplung abgeschaltet. Mit Rückkopplung arbeitet der Transistor gewissermaßen als selbstschwingender Produdukt-Detektor. Zur Selektion trägt das ZF-Audionbei diesem Gerät kaum bei. Sie wird vor allem durch die drei Einzelkreis-ZF-Filter erreicht. Der auf den Demodulator folgende NF-Verstärker mit eisenloser Gegentakt-Endstufe weist kaum Besonderheiten auf.

Die richtige Kopplung des selbschwingenden Produkt-Detektors an den ZF-Ausgang ist recht kritisch, da er bei zu starken Signal nicht nur übersteuert wird, sondern außerdem zur Synchronisation neigt. Dieser Effekt wird kleiner, wenn die BFO-Frequenz wie für USB- bzw. LSB- und CW-Einzeichen-Empfang nötig, auf die Flanke der ZF-Durchlasskurve abgestimmt wird. Der im Schaltbild angegebene Wert von 1 pF ist als Richtwert anzusehen. Er wird aus einem zweiadrigen Streifen eines Computer-Flachbandkabels gebildet, den ich Stück für Stück kürzte, bis der günstigste Kompromiss zwischen verzerrungsarmen Empfang und ausreichender Lautstärke gefunden war.

Das Wickeln von Spulen war für diesen Empfänger nicht erforderlich: Die Eingangskreise entstanden aus 10,7 MHz-ZF-Filtern für UKW-FM-Empfang, die 455-kHz-Filter und der Demodulatorkreis konnten aus dem AM-Teil alter Uhren-Radios ausgebaut werden. Für den Oszillatorkreis fand sich in der Bastelkiste eine passende Spule. Es dürfte sich aber auch hier ein 10,7-MHz-ZF-Filter verwenden lassen, wenn der Kondensator an der Unterseite herausgebrochen wird. Das Gerät wurde in ein Gehäuse eingebaut, das aus miteinander verlöteten, kupferbeschichteten Epoxydplatten entstand, die sonst als Basismaterial zur Herstellung von Leiterplatten gedacht sind. Das so hergestellte Gehäuse wurde schließlich mit Modellbaufarbe lackiert und mit Anreibe-Buchstaben beschriftet. Der Empfänger zeigt trotz seiner Einfachheit und ohne dass irgendwelche Funk-Spezialbauteile benötigt wurden, überraschend gute Empfangs-Eigenschaften. Sie übertreffen beispielsweise nicht nur jene eines einfachen Rückkopplungs-Empfängers bei weitem. Trotz der ausgesprochen simplen Demodulator-Schaltung ist ein sehr brauchbarer SBB-Empfang möglich. So ist die Empfangsqualität z.B. auch erheblich besser, wie bei einfachen Superhets mit BFO, die jedoch keinen Produktdetektor haben. Sie stellt selbst einen auf 80m-Frequenzen eingestellten Heathkit GR-64 in den Schatten, ebenso einen Koyo KTR-1770.

Erweiterung für das 40m- und das 20m-Band

Mit der nacholgend gezeigten einfachen Schaltung eines kleinen Zubehörteils konnte ich mit dem Gerät auch Amateurfunk-Stationen empfangen, die im 40m- und das 20m-Band senden. Es handelt sich um einen Konverter mit einem Dual-Gate-MOSFET, der als selbstschwingender Mischer arbeitet. Ich verwendete einen 10,595-MHz-Quarz aus einem alten CB-Funkgerät. Ein solcher lässt sich mit einem Serientrimmer in der angegebenen Schaltung mittels eines Serien-Trimmers mühelos auf eine Schwingfrequenz von 10,6 MHz hinaufziehen. So ließ sich das in Deutschland seinerzeit nur bis 7,1 MHz zugelassene 40m-Band vollständig empfangen. Im 20m-Band begann der so empfangbare Bereich jedoch bei 14,1 MHz, der Telegrafiebereich wurde also nicht abgedeckt. Um jeweils das gesamte 40m- und 20m-Band abdecken zu können (6,8…7,2 MHz und 14,0…14,4 MHz), hätte ich den Empfänger für den Bereich von 3,4 bis 3,8 MHz auslegen müssen.

In dieser Weise ließe sich mit geeigneten Umschaltvorrichtungen somit ein Amateurfunk-Empfänger für 80m, 40m und 20m aufbauen. Die Bereichswahl für 20m/40m erfolgte bei eingeschaltetem Konverter lediglich durch entsprechende Abstimmung des 2x200pF-Drehkos. Die Eingangs-Empfindlichkeit ist dank des verwendeten Dual-Gate-MOSFET recht gut. Bei Verwendung einer guten Antenne ist DX-Empfang in diesen Frequenzbereichen überhaupt kein Problem. Der Ausgang des Konverters wird mit dem Hochpunkt vom Eingangskreises des 80m-Empfängers verbunden.

 

Verbesserter 80m-Selbstbau-Superhet

Die durch ausschließliche Verwendung von LC-Kreisen im ZF-Teil -an richtigen Kommunikations- und Amateurfunkempfängern gemessen- mäßige Selektion meines 80m-Minisupers kann mit einem Keramikfilter erheblich verbessert werden. Dazu geeignet sind z.B. die Typen LF-B4 oder CFW455IT, die eine Bandbreite von ca. 4 kHz haben. Eine für SSB ideale Bandbreite und eine hervorragende Durchlasskurve konnte ich mit zwei hintereinander geschalteten 6kHz-Keramikfiltern erzielen, wobei es sich einmal um eine Ausführung für 455 kHz und einmal um eine Ausführung für 450 kHz handelt. Anders als von mir vermutet (453kHz-542kHz=1kHz), beträgt die Bandbreite so bei einer Mittenfrequenz von 452,5 kHz gut 2 kHz. Ich habe noch nicht untersucht, ob es an den Toleranzen der benutzten Filter liegt. Bei einer nur geringfügig zu großen Einsattelung und guter Symmetrie der Durchlasskurve wird eine gute Flankensteilheit erzielt. Diese Filterkombination sollte sich somit auch gut für einen SSB-Sender verwenden lassen. Der im folgenden gezeigte ZF-Teil befindet sich in einem neuen 80m-Minisuper, in dem ich die Erfahrungen des ersten Gerätes einfließen ließ.

Bei der Schaltung dieses ZF-Verstärkers verbesserte ich im ZF-Teil auch das Regelverhalten. Durch den Regelverstärker und zusätzliche Regelung der Kollektorspannung des ersten ZF-Transistors wird ein großer AGC-Regelbereich erzielt. Mit dem Zuschalten des 1000µF-Elkos kann die AGC auf langsam umgeschaltet werden, was beim Zuhören von SSB-Runden mit zum Teil sehr starken Signalen vom Klangeindruck her wesentlich angenehmer ist.

 

Auch wenn die Leistungsfähigkeit selbstschwingender Mischstufen im Allgemeinen erheblich unterschätzt wird, sind sie bestimmt nicht das Optimum. In meinem neueren Empfänger verwende ich daher einen Eingangsteil mit einem Dual-Gate-MOSFET im Mischer und getrennten Oszillator mit einem Sperrschicht-FET. Auch so bleibt der Schaltungsaufwand ohne Verwendung integrierter Schaltkreise noch recht gering. Die Anordnung ist ausgesprochen empfindlich: Bereits mit einer ca. 30cm langen Prüfschnur als Antenne lassen sich je nach Ausbreitungs-Bedingungen Deutschland- bzw europaweit stärkere Amateurfunk-Stationen empfangen. An eine richtige Antenne angekoppelt, zeigt sich eine mit käuflichen Transceivern vergleichbare Eingangs-Empfindlichkeit. Bekanntermaßen wird im 80m-Bereich keine HF-Vorstufe benötigt. Sie würde in erster Linie nur die Großsignal-Festigkeit verschlechtern.

Wie im Schaltbild angegeben, benutze ich auch hier wieder fertige ZF-Filter und spare mir so die Arbeit des Spulenwickelns. Die beiden Eingangskreise sind fester gekoppelt, als bei der ersten Schaltung. Durch versetzten Abgleich ergibt sich über den gesamten Bereich so eine annähernd gleichmäßige Empfindlichkeit, so dass das synchrone Abstimmen der Vorkreise entfällt.

Das neue Gerät hat auch einen besseren Produktdetektor erhalten, der wiederum mit einem Dual-Gate-MOSFET arbeitet. Der BFO arbeitet wie bei der Eingangsschaltung als getrennter Oszillator mit einem Sperrschicht-FET.

Den neuen Empfänger, bestehend aus dem gezeigten Eingangsteil, ZF-Verstärker, Produktdetektor und nachgeschaltetem NF-Teil habe ich in das Gehäuse eines alten CB-Mobilfunkgerätes eingebaut. Er bringt auch unter erschwerten Empfangbedingungen (z.B. bei Kontesten) einen sehr klaren Empfang, der sich mit so manchen käuflichen Geräten messen kann bzw. einige sogar übertrifft. Der Klang ist für mein Empfinden erheblich besser, wie mit einem Ladder-Quarzfilter. Trotz hervorragender Selektivität ist er weniger scharf, wie bei vielen Geräten, vergleichbar mit dem Drake R4-B in der 2,4-kHz-Bandbreitenstellung.

 

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